Bild rechts: Immer zur Stelle: Die BVfK-Juristen Moritz Groß, Simon Vondrlik und Stefan Obert (v.l.n.r.)
Die „Causa Hyundai“!
Was den japanischen Autoherstellern zur großen Verwunderung des europäischen Kfz-Establishments in den 1970er Jahren gelang, vollzogen die Südkoreaner mit Kia und Hyundai in den letzten 15 Jahren. Sie wuchsen mit günstigen Preisen und immer besser werdender Qualität und attraktiverem Design zu einer bedeutenden Größe in der globalen Autowelt.
Doch reichen bekanntermaßen solche Tugenden nicht alleine aus, um die Märkte zu erobern. Dazu muss man schon u.U. „sportliche“ Wege gehen und dabei hilft dann gerne der freie Kfz-Handel – was für sich genommen auch nicht problematisch ist, wenngleich der Vertragshandel dann weniger begeistert ist.
Doch auch die häufig durch hohe Auflagen Geknechteten finden Auswege aus dem Dilemma, ihre hohen Einkaufspreise kaum beim Verkauf der Autos realisieren zu können – von Gewinn keine Rede!
Daher bedienen sie sich ebenfalls der wesentlich günstigeren Ware des freien Handels. Da sie dank Vertragshändlerimage höhere Preise als die Freien erzielen, kommen sie dann mit einer Mischkalkulation einigermaßen auf ihre Kosten und können sich noch des Werkstattgeschäfts erfreuen.
Man ahnt das, was viele wissen: Es etabliert sich eine Parallelwelt mit Mechanismen, die nichts mehr mit den nach außen propagierten geschlossenen Vertriebssystemen zu tun hat.
Und da ist Hyundai, um die es hier geht, bei weitem nicht der einzige Autohersteller. So hieß es bereits in einer MOTION vor 10 Jahren:
„Während beim vornehmen Haupteingang aus der GVO-Bibel vorgelesen wird, brennt am Hintereingang die Rote Laterne und wer diskret und flüssig ist, bekommt, was er möchte!“
Es offenbart sich eine ambivalente, kaum berechenbare Herstellerseele, man könnte sagen: Meist schlagen zwei Herzen in einer Brust, die eine zielt auf die Marge, die zweite hat die Stückzahlen im Visier, damit die Fabriken ausgelastet sind.
Eine solche Fabrik hat Hyundai übrigens auch in Tschechien gebaut und produziert dort Autos für ganz Europa – sowohl für die EU, als auch für die nicht zur EU zählenden osteuropäischen Länder.
Dabei gibt es Unterschiede in Ausstattung und Technik. Letzteres auch, da man in osteuropäischen Ländern nicht unbedingt die hohen EU-Standards hinsichtlich Sicherheit, Verbrauch und Emission erfüllen muss.
Wenn ein Neuwagen diese Vorschriften erfüllt, erhält er ein COC-Dokument. Diese Konformitätsbescheinigung ist zwingende Voraussetzung, um einen Neuwagen erstmals in der europäischen Union zum Straßenverkehr zuzulassen.
Was spricht also dagegen, einen neuen, im zur EU gehörenden Tschechien gebauten und mit COC-Dokumenten ausgestatteten Hyundai, der sich auch ohne Weiteres zur Garantie anmelden lässt, zu beschaffen und zu verkaufen?
Doch nicht etwa das Markenrecht?
Und tatsächlich ist das die Stelle, wo Hyundai den Hebel zur Beseitigung des inzwischen scheinbar nicht mehr erwünschten Parallelmarktes ansetzt.
Das gibt´s doch nicht, wundern sich selbst Fachleute. Das Recht an der Marke müsste doch längst erschöpft sein!
Dennoch verbreiten sich derzeit vermutlich dutzende von Abmahnungen der Hyundai-Anwälte über die Verkäufer vieler Tschechien-Hyundais. Man reibt sich die Augen, was man da liest:
Die Autos wurden nämlich nicht aus Tschechien eingeführt, sondern aus den Balkanländer Serbien, Bosnien und Mazedonien. Dieser kleine Umweg, der nicht etwa von findigen oder windigen freien Händlern, sondern von Hyundai-Osteuropa höchstselbst entwickelt wurde, führte zu einer großen Zahl besonders günstiger Angebote, deren Besonderheit selbst für den Fachmann nicht zu erkennen war, denn Ausstattung und Dokumente entsprachen im Wesentlichen dem EU-Standard – meist waren Sie identisch. Auf jeden Fall entsprachen sie nicht der Ausstattung, wie sie sonst für die osteuropäischen Länder üblich ist. Wir sind daher überzeugt: Sie wurden ausdrücklich für den EU-Markt gebaut.
Das alles soll jetzt dennoch ein Ende haben, meint die eigentlich für die EU zuständige Hyundai-Tochter aus Offenbach bei Frankfurt. Man sollte meinen, es reicht ein Anruf bei der für die Situation verantwortlichen Schwester in Kiew oder der für die Kontrolle des Geschehens zuständige Mutter in Seoul, um die mit aggressiver Verkaufspolitik operierende Ost-Tochter in Kiew ist in die Schranken zu weisen und den Zufluss der Billigware zu stopppen.
Weit gefehlt: „Das gesamt System muss beseitigt werden“ scheint das Motto der Offenbacher Führung zu lauten, denn sie greifen an besagter Archillesferse namens „Markenrecht“ an:
Hyundai-Kundschafter streifen durchs Land, fotografieren Fahrgestellnummern der beim Handel stehenden Neuwagen und finden so heraus, welche Autos den Umweg über die Nicht-EU-Länder genommen haben und mahnen dann die Verkäufer – Freie und Vertragshändler gleichermaßen, wegen des Markenrechtsverstoßes ab.
„Gut, dann verkaufen diese Autos eben nicht mehr!“ lautet die erste Reaktion der Betroffenen, doch beim genaueren Lesen macht sich großer Schrecken breit:
- Auskunft über alle Lieferanten und Kunden
- Schadensersatz für jedes verkaufte Auto
- nicht einmal vor der Vernichtung der eigenen Produkte macht der Forderungskatalog halt.
Man muss nicht lange rechnen: Das überlebt keiner!
Wenngleich wir bereits heute nach einigen Verhandlungen mit den für die EU zuständigen Hyundai-Verantwortlichen berichten können, dass es für die betroffenen Händler Wege gibt, mit möglichst geringem Schaden aus der Angelegenheit herauszukommen, geschehen hier Dinge, bei denen man sich nicht nur fragte, wer denn hier alles bis zu Ende denkt. Auch die Spezialisten des BVfK können das kaum erkennen.
Daher wurde eine spezielle Task-Force gegründet um die Gesamtlage zu erfassen und den einzelnen Betroffenen einen möglichst optimale Lösung dieses Problems bieten zu können.
Über Details kann an dieser Stelle noch nicht berichtet werden. Die Betroffenen mögen sich bei der BVfK-Rechtsabteilung melden. Sie erhalten weitere umfangreiche Informationen und kompetente Unterstützung.
Rückfragen immer gerne an: rechtsabteilung@bvfk.de
Zur kostenlosen (im Mitgliedsbeitrag enthaltenen) Ersteinschätzung geht´s hier:
https://www.bvfk.de/mein-bvfk/ersteinschaetzung-2/